Analytische Philosophie heutzutage ist arbeitsteilig. Gerade dies ist das Generalkriterium der Abgrenzung gegen andere (d.h. kontinentale) Philosophie:
Während die kontinentale Tradition Weltanschauungen vergleichend untersucht und entwickelt, und somit immer den Blick auf das Ganze des Denkens richtet, versucht die analytische Tradition arbeitsteilig Sachfragen aufzuklären und systematisch zu erfassen …
https://de.wikipedia.org/wiki/Analytische_Philosophie
Meines Erachtens nach hat der Umstand, dass sich der große Strom der modernen Philosophie in ein Delta von Flüssen und Flüsschen aufteilt, viel damit zu tun, dass G.W.F. Hegel als der letzte Philosoph angesehen werden kann, dessen philosophisches System eine historisch logische Weiterentwicklung des gesamten philosophischen Vorhers war: ein System als Konklusion in Kulmination von aller vorher gewachsener philosophischer Substanz.
Wenn arbeitsteilig, dann aber nur mit gemeinsamen Plan! Wenn Elektriker, Statiker, Maurer, Fliesen- und Teppichleger zusammenkommen, wissen alle um gemeinsamen Zweck und Ziel; der Bauplan des Hauses steht im Vorhinein fest, denn ein Teppich benötigt einen Boden, auf dem er verlegt werden kann. Der Analytischen Philosophie fehlt die vereinheitlichende, alle Verästelungen einbegreifende Theorie. Einzelne Fragestellungen oder Problematik nach Art zu klassifizieren ist methodisch insuffizient und fragwürdig – wenn Fragestellungen zu Subfragen anderen Typus führen, ist dabei noch ein eher moderates Problem. Was, wenn die Lösung des einen Problems (eines Typus) von der Art und Weise, ein anderes (anderen Typs) zu lösen bedingt wird? Alles Bemühen, alle Diskussion einer Fragestellung könnte dann von vornherein fruchtlos sein. Zumindest eine Struktur, etwa eine sich nach unten öffnende Hierarchie der Fragestellungen wäre notwendig; denn sonst können eine ganze Reihe unerwünschter Nebeneffekte statthaben, etwa dass sich Probleme als Scheinprobleme erweisen (weil auf andere Art bereits gelöst). Das gravierendste Problem mit Arbeitsteilung durch Klassifizierung scheint mir jedoch zu sein, dass mit jeder Fragestellung, deren Charakter nicht völlig eindeutig ist, die Folgefragen unterschiedlichen Typs evoziert, oder vielfache Hinsichten in sich birgt, folgerichtig eine neue Art des Philosophierens entstehen müsste. Die Übersichtlichkeit philosophischen Forschens ist (wie in vielen Disziplinen) schon jetzt mangelhaft – und weitere Verästelung würde dadurch zu einem Problem in sich werden.
Durch Arbeitsteilung können Probleme entstehen, die rein dadurch geschaffen werden, dass im Vorhinein Aufteilung eingeführt wurde. Sprechen sich Statiker und Maurer beim Hausbau nicht ab, braucht man nicht viel Vorstellungskraft um Probleme kommen zu sehen. Beim Hausbau jedoch ist die Absprache nicht ein Problem in sich selbst – ihr Objekt liegt vor Augen. Im Abstrakten jedoch ist die Kommunikation zwischen den verschiedenen Arten zu philosophieren ein Problem in sich; im schlimmsten Fall entsteht ist man gezwungen, eine Meta-Art des Philosophierens einzuführen, die diese Absprache abdeckt.
Meines Erachtens bergen philosophische Fragestellungen in der überwiegenden Zahl der Fälle viele Hinsichten in sich – man kann mehrere Arten finden, ein Problem anzugehen. Dabei sind diese im seltensten Fall völlig unabhängig voneinander, sondern bedingen sich auf eine gewisse Art und Weise gegenseitig. Dann aber auf Trennung zu beharren ist eo ipso problematisch – d.h. führt selbst Probleme mit sich, die dann wieder nur auf eine Art des Philosophierens gelöst werden sollen, die eben gerade betrieben wird. Dieser Ansatz kann meines Erachtens nicht der fruchtbarste sein. Philosophiert man heutzutage, müsste man zumindest um ein Hintergrundkonstrukt wissen, dass alle Hinsichten, die sich in der zu bearbeitenden Thematik wiederfinden, nicht nur abdeckt sondern auch ihren Status zueinander klärt. Es bedarf eines gewissen theoretischen Konstrukts im Voraus, um sich nicht im Netz der Hinsichten zu verheddern, in vermeidbare oder Scheinprobleme zu laufen, oder sich im schlimmsten Fall gedanklich um die eigene Achse zu drehen. Meistens jedoch ist dieses theoretische Präludium nicht gegeben. Einfach eine Frage zu stellen und zu meinen, mit der Begrenzung darauf gerade methodisch den einzig richtigen Weg zu beschreiten, ist schlicht naiv.
